Das erweiterte Wohnzimmer …

 

Ein erster Eindruck …

 

Stefan Zweig beschreibt in „Die Welt von Gestern“ rückblickend seine Jugendjahre im Kaffeehaus.

„Das Wiener Kaffeehaus stellt eine Institution besonderer Art dar, die mit keiner ähnlichen der Welt zu vergleichen ist. Es ist eigentlich eine Art demokratischer, jedem für eine billige Schale Kaffee zugänglicher Klub, wo jeder Gast für diesen kleinen Obolus stundenlang sitzen, diskutieren, schreiben, Karten spielen, seine Post empfangen und vor allem eine unbegrenzte Zahl von Zeitungen und Zeitschriften konsumieren kann“.

Und weiter: „So wussten wir alles, was in der Welt vorging, aus erster Hand, wir erfuhren von jedem Buch, das erschien, von jeder Aufführung und verglichen in allen Zeitungen die Kritiken; nichts hat so viel zur intellektuellen Beweglichkeit des Österreichers beigetragen, als dass er im Kaffeehaus sich über alle Vorgänge der Welt umfassend orientieren und sie zugleich im freundschaftlichen Kreise diskutieren konnte. Täglich saßen wir stundenlang, und nichts entging uns. Denn wir verfolgten dank der Kollektivität unserer Interessen den Orbis pictus der künstlerischen Geschehnisse nicht mit zwei, sondern mit zwanzig und vierzig Augen (…)“

Ist das nicht genial?!
Und es funktioniert größtenteils auch heute noch so…

 

Das Wiener Kaffeehaus - Tradition und Erzählungen

Das Wiener Kaffeehaus – Tradition und Erzählungen

 

Wie alles begann …

 

türkischer Kaffee

türkischer Kaffee

 

Die Legende besagt, dass die Wiener während der Befreiung von der Zweiten Türkenbelagerung im Jahre 1683 einige Säcke mit seltsamen Bohnen fanden, die sie zunächst für Kamelfutter hielten und verbrennen wollten. König Jan (Johann) III Sobieski soll diese seinem Offizier und Dolmetscher namens Georg Franz Kolschitzky übergeben haben. Dieser hätte die Säcke an sich genommen und das erste Kaffeehaus gegründet. Diese Geschichte ist jedoch erfunden; der Piarist Gottfried Uhlich setzte sie 1783 in seiner Chronik „Geschichte der zweyten türkischen Belagerung Wiens, bey der hundertjährigen Gedächtnißfeyer“ in die Welt.

Tatsächlich stammt das erste Wiener Kaffeehaus aber doch aus dieser Zeit. Am 17. Jänner 1685 erteilte Kaiser Leopold I. einem Armenier namens Johannes Theodat als Dank für dessen Dienste die Hoffreiheit, das „türkische Getränk, als Caffe, The und Scherbett (Sorbet), zu praeparieren“. Theodat, auch Deodat oder Diodato genannt, erhielt die Genehmigung für zwei Jahrzehnte und eröffnete sogleich sein Kaffeehaus, ein einziges Zimmer mit einfachen Holzbänken im Hachenbergischen Haus auf dem Haarmarkt im Griechenviertel, heute Rotenturmstraße 14. Später hatten die Griechen das Monopol zum Ausschank von Kaffee inne.

Das neue Getränk fand bei der Wiener Bevölkerung großen Anklang, sodass die Zahl der Kaffeehäuser rapide anstieg. 1819 gab es schon 150 Kaffeesieder, davon 25 in der Innenstadt. Um 1900 gab es in Wien 600 Kaffeehäuser; die Gäste waren fast ausschließlich Männer. Das Kaffeehaus war damals ein Treffpunkt mit den hierin integrierten Spiel- und Rauchsalons. Damen war der Zutritt allenfalls in männlicher Begleitung erlaubt. Zu Frauen im Kaffeehaus kommen wir in einem separaten Blogpost :-).

In der Frühzeit der Kaffeehäuser trugen die Kaffeevarianten meist keine Namen. Einer Anekdote Friedrich Torbergs zufolge soll in einem Kaffeehaus der Kellner dem Gast eine Farbpalette gereicht haben, auf der die Stärke des Kaffees in Farbabstufungen von Schwarz bis milchig-weiß symbolisiert war, woraufhin dieser wählte, indem er auf die gewünschte Farbe zeigte.

 

Kaffee mit Milch - Farbe

Kaffee mit Milch – Farbe

 

Seine Blütezeit erlebte das Wiener Kaffeehaus Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, als sogenannte Kaffeehausliteraten wie Peter Altenberg, Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Alfred Polgar, Karl Kraus, Stefan Zweig, Hermann Broch und Friedrich Torberg ihre Stammcafés zur bevorzugten Lebens- und Arbeitsstätte machten. Viele bekannte Künstler, Wissenschaftler, Techniker und Politiker der Zeit, darunter Egon Schiele, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Theodor Herzl, Siegfried Marcus oder auch Leo Trotzki, waren häufige Gäste im Kaffeehaus. Auch in Prag, Budapest, Lemberg, Triest und anderen Großstädten Österreich-Ungarns gab es viele Kaffeehäuser nach Wiener Vorbild, die zum Teil heute noch bestehen.

Die Wiener Kaffeehauskultur gehört seit 2011 zum Kulturerbe der UNESCO.

 

 

Wer ist wer im Kaffeehaus …

 

Herr Ober (von Oberkellner) – oder auch Herr „Vorname“, immer mit Smoking (früher mit Frack) bekleidet

Piccolo = Lehrling, bekleidet mit schwarzer Hose, weißem Sakko + Fliege

 

 

„Einen Kaffee“ oder doch lieber genauer …

 

verschiedene Kaffees

verschiedene Kaffees

 

In Wien gibt es mehr als 40 verschiedene Arten Kaffee zuzubereiten – hier nur die Bekanntesten:

 

  • kleiner Mokka / kleiner Schwarzer / Espresso
  • großer Mokka / großer Schwarzer / doppelter Espresso
  • kleiner / großer Brauner (Milch extra)
  • Verlängerter schwarz (extra heißes Wasser zu verdünnen)
  • Verlängerter braun (heißes Wasser – extra Milch)
  • Melange (Espresso mit geschäumter Milch)
  • Milchkaffee/Café Latte (Espresso mit viel geschäumter Milch)
  • Latte Macchiato (viel geschäumte Milch mit Espresso)
  • Kapuziner (Espresso mit ein paar Tropfen Obers)
  • Franziskaner (Espresso mit heißer Milch + Obershaube)
  • Einspänner (doppelter Espresso mit Obershaube, Staubzucker, im Glas serviert)

 

 

Wohl bekomm’s !
Gabriele Klima und das GTOUR-Essperten-Team

 

 

Quellenhinweis: https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Kaffeehaushttps://www.planet-wissen.de/kultur/metropolen/wien/pwiewienerkaffeehauskultur100.html

Fotocredits: pixabay.com

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